Der 3. Tag der Science-Fiction in Ostfriesland am 9. Oktober 2021 hat mich dann doch aus dem Haus gelockt. Schon der zweite „Hinterm Mond 2018“ hat mich eines gelehrt, auf Norbert Fiks Geschmack in Sachen Science-Fiction ist Verlass. Den ersten Tag der Science-Fiction in Ostfriesland 2014 habe ich leider verpasst und es wäre damals noch eine deutlich weitere Anreise gewesen.
Apropos Anreise. Diese gehört, wenn auch peripher, mit dazu, wenn man sich zu einem physikalischen Lesungsort hinbewegt. Anreise & Unterkunft gilt es mit zu berücksichtigen. Bei meinem ersten Besuch in Leer bin ich am Lesungstag vormittags per Bahn angereist und aus dem Bahnhof heraus quasi direkt in mein damaliges Hotel gestolpert. Es war zeitlich eng getaktet, hat aber alles in allem reibungslos funktioniert.
Dieses Mal gab es einen Vor-CON und so bin ich dann schon am Freitag angereist, per eigenem E-Auto. Das hat soweit auch alles gut funktioniert, auch wenn es, Corona bedingt, meine erste Langstreckenfahrt war. Aufregend war es, aber gut vorbereitet war es absolut kein Problem. Erste Autowäsche in der Waschanlage, erstes Schnellladen auf der Autobahn und mit 100 km Restreichweite bin ich in Leer angekommen, was ein sehr entspanntes Polster für Unwägbarkeiten ist. In Leer selbst habe ich den Nachmittag damit verbracht a. mein Auto wieder aufzuladen und b. mir die Stadt anzusehen und Kaffee und Kucken am Lesungsort für die anderen Besucher vorzukosten. Leer ist eine große Fußgängerzone und mit allerlei Baustellen und Einbahnstraßen ausgestattet und so war es etwas Kurverei zu einer, der zahlreich vorhanden, Ladestation in der Stadt zu kommen. Der Parkplatz P4 war dann, direkt nach dem Einchecken im Hotel, bis zum Abend der Ort, an dem ich mein Auto mit heimischer Windenergie wieder aufgeladen habe. Am Freitagabend gab dann noch einem kurzen Boxenstopp für den Fahrer im Hotel und das Auto hat das Wochenende auf dem Hotelparkplatz zu 80% vollgeladen verbracht. Der Samstag war somit dann für mich entspannt autofrei.
Zum Vor-Con bin ich dann natürlich per pedes angereist. Unterwegs habe ich noch den anderen Markus am Hotel aufgesammelt und es ging „Zur schönen Aussicht“ am Leerer Hafen. Es war eine entspannte, und gar nicht mal so kleine Runde, die sich dort zu Speis (Essen), Trank und angeregten Gesprächen zusammen gefunden hat.
Drei der Autorinnen (Regine Bott, Theresa Hannig, Jacqueline Montemurri) waren beim Vor-Con mit dabei und konnten sich so schon mal an einen Teil des Publikums gewöhnen.
Der eigentliche 3. Tag der Science-Fiction in Ostfriesland begann pünktlich um 15 Uhr im Saal des Leerer Kulturspeichers. Nach ein paar einleitenden Worten zur Veranstaltung vom Veranstalter Norbert Fiks, vertiefte Theresa Hannig das Thema „Frauen in der SF“. Es geht hierbei um die Autorinnen, nicht um Protagonistinnen, wobei hier ggf. auch ein paar Worte hätten verloren werden können, was aber wohl den Rahmen inhaltlich und zeitlich gesprengt hätte. Wenn ich mir mein eigenes Bücherregal ansehe, finde ich dort jede Menge SF, etwas Fantasy und sonstige primär und sekundär Literatur. Außer in Kurzgeschichten-Anthologien und Perry Rhodan Neo/Perry Rhodan Heften stehen dort nur zwei Frauennamen klar erkennbar als Autor auf dem Cover, Ursula K. Le Guin (Erdsee) und Madeleine Puljic. Wobei Letztere dort über die Dunkelwelten-Romanreihe hinein gerutscht ist. Sonst nur Männer. An der Stelle kann ich die Aussage, dass Frauen in der SF vorhanden, aber quasi unsichtbar sind, anhand meiner ggf. nicht wirklich repräsentativen Auswahl bestätigen. Womit ich nicht nur als fleißiger Perry Rhodan Leser definitiv bestätigen kann, das Frauen hervorragende Science-Fiction schreiben können und das auch fleißig tun. Etwas anderes zu behaupten, ist schlicht und ergreifend eine Frechheit.
Das Problem ist also eindeutig die Sichtbarkeit, was Theresa Hannig dann bekannterweise mit der deutschen Wikipedia, bzw. deren Gralshütern hat kollidieren lassen. Das Thema wurde dann an der Stelle aber relativ kurz in einer kleinen Fragerunde behandelt.
Mich persönlich hat das aber nicht übermäßig gestört, bot sich dadurch dann die Gelegenheit mit den nun folgenden Lesungen, die Werke für sich selbst sprechen zu lassen. Meiner Meinung nach ein guter Ansatz.
Den Anfang machte Madeleine Puljic mit „Zweite Heimat“. Eine Besiedlungsexpedition bricht von der Erde auf, um den Mars zu einer zweiten Heimat für die Menschheit zu machen. Etwas merkwürdig fand ich die Tatsache, das es im Roman über weite Strecken nur um zwei Männer geht, die das Raumschiff steuern, obwohl natürlich eine gemischte Besatzung und natürlich gemischte Passagiere an Board sind. Das klärt sich etwas mit dem Hinweis auf das zweite – außerirdische! – Schiff auf, hier viel dann das Wort Matriarchat. Ein erfolgreicher Cliffhanger muss ich sagen.
Als zweite stellte dann Regine Bott ihr, unter dem Pseudonym Kris Brynn, erschienenes Werk „Born“ vor. In nicht allzuferner Zukunft mussten sich die Menschen in die Städte zurückziehen und auf „vertikal Farming“, also auf Lebensmittel Erzeugung in die Höhe anstatt in die Fläche, ausweichen. Bürokratie und religiöser Fundamentalismus machen der Heldin das Leben nicht unbedingt leichter. Wir bewegen uns hier in einem düstern SF-Noir Umfeld, was durch aus mit dem ihm eigenen Charme zu überzeugen wusste.
Nach der Pause entführte uns dann Jacqueline Montemurri mit „Der Koloss aus dem Orbit“ nochmal weiter in die Zukunft. Die Lesung glänzte durch exotische Gesellschaftsentwürfe, denen sich die in die Zukunft entführten und nicht unbedingt nur sympathischen Protagonisten stellen müssen. Da ich im Hinterkopf an einer Fortsetzung meiner eigenen Reihe, ebenfalls mit einem mehr als deutlichen Zeitsprung, laboriere, hatte mich das Thema dann doch so gefangen, das ich glatt vergessen habe Fotos von dieser Lesung zu machen.
Zurück in die nahe Zukunft brachte uns dann Theresa Hannig mit ihrer, noch nicht erschienenen, Utopie. Ein durchaus spannender Gesellschaftsentwurf, der sich aber anstatt auf, zugegebenen sehr stochastisch verteilten, gesunden Menschenverstandes, auf eine KI als Motor der Utopie stützt. Trotz der natürlich vorhandenen Gefahr, dass eine Utopie scheitert und damit unweigerlich zur Dystopie wird, ein Ansatz, der durchaus durchdacht wirkt und in Teilen durchaus als Anregung für vielleicht brauchbare Ansätze zur Gestaltung der Zukunft taugt.
Der durchaus gelungene Abend klang dann spät abends noch mit einem gemütlichen Essen und deutlich verkleinerter Runde beim Italiener aus.
Als Neuling auf der Langstrecke habe ich in Leer das E-Auto noch mal von 80 auf 100% vollgeladen, was am Kreis-Klinikum in Leer ohne lange Fahrerei gut ging. Die Zeit habe ich mir durch einen Bummel an der Uferpromenade gut vertrieben. Meine Rückfahrt am Sonntag verlief, ähnlich unspektakulär wie die Anfahrt, mit einem Boxenstopp zum Energienachladen für Auto und Fahrer auf halber Strecke. Bei der nächsten Fahrt würde ich wahrscheinlich schon direkt mit 80% losfahren, 31% anstatt 51% Batteriestand hätten es wohl auch getan.
Aber das hat jetzt nur peripher was mit dem „Hinterm Mond 2021“, dem 3. Tag der Science-Fiction in Ostfriesland am 9. Oktober 2021 zu tun. Eine tolle Veranstallung, die ich nur empfehlen kann.