Es geht mit „Berg der Macht“ in düstere Gefilde der Fantasy. Ich muss zugeben, ich bin kein ausgemachter Kenner dieses Genres. Die Science-Fiction liegt mir näher. Aber was nicht heißen soll, das ich nicht gerne mal einen Abstecher in andere Gefilde unternehme.
Anders ist hier ein gutes Stichwort. Robert Corvus verlässt mit seinem Magiesystem die, nennen wir es mal die klassischen Gefilde, der sonst so üblichen Magie. Zauberei wird zum Handwerk. Steinmetze bringen magietragenden Stein in Form und damit in Funktion. Das hört sich unprätentiös an und ist es erstmal auch. Mir fehlt da auf den ersten Blick etwas der Sense-of-Wonder. Den hebt sich Robert Corvus ziemlich bis zum Ende des Romans auf. Ja, es stapfen Steingolems durch Wälder, es werden Leucht-, Halte- und Schwebesteine eingesetzt. Es werden Menschen als ultimative Strafe versteinert. Keine angenehme Vorstellung zugegeben, aber es wirkt alles etwas mechanisch und schwer, wenn es um Magie geht. Das mag natürlich mit dem Medium Stein zu tun haben.
Deutlich spannender dagegen sind die Charaktere des Romans. Davon gibt es anfänglich einige und es dauert, bis sich die Bezugspersonen herauskristallisieren, mit denen man dann in der Geschichte mitfiebern kann. Wobei wirkliche Sympathie bei mir nur beim Quilûn, dem Sohn des Lichtknechts, Kyrin der Magierin und dem generischen Krieger Brotan aufkommt. Die Grafentocher Semire von Schneegrund ist mir dann doch in der Wahl ihres Umfeldes etwas zu ruchlos. Das ändert sich erst gegen Ende des Romans, als es zum ersten großen Showdown kommt.
Ich muss zugeben, ich habe etwas gebraucht, um mit dem Roman warm zu werden. Viele vermeintliche Perspektivfiguren sind nicht wirklich Sympathieträger, ganz vorne weg der junge Derrek Eichenfrost, mit dem der Roman anfängt. Es dauert eine Weile, bis man in dieser düsteren Welt seine Figuren gefunden hat, die man mag. Wobei man sich einer gewissen Faszination des Grauens nicht verschließen kann.
Diese Düsternis von Welt und Charakteren, sowie das ungewöhnliche Magiesystem erinnern stark an die Schattenherren-Trilogie, wobei diese deutlich stringenter begonnen hat. Diese Düsternis muss man mögen, dann erwarten einen mal grob mal fein, aber nie leblos gezeichnete Charaktere, bei denen es einiges zu entdecken gibt.
In Summe wird hier vom Leser einiges an Geduld und Neugierde gefordert, bevor der Stein sein Geheimnis preisgibt. Oder sagen wir besser, anfängt seine Geheimnisse preiszugeben, den der „Berg der Macht“ ist der Auftakt zu einer Trilogie.
Schneller als man denkt, ist man dann am Ende des Buches angelangt, und das ausgerechnet an der Stelle, an dem das Geschehen richtig Fahrt ausnimmt und sich ganz neue Dimensionen eröffnen. So ganz kann ich mich dann der Faszination des Grauens nicht entziehen und werde mir ansehen was den diese Steineklopfer vom Berg Ianapat weiterhin so treiben. Wir haben erst an der Oberfläche des Berges gekratzt, dieses Kaninchenloch geht noch viel tiefer hinab und die wahre Düsternis erwartet uns erst noch.
Man sollte etwas Geduld und Ausdauer mitbringen, dann wird man am Ende doch gelohnt. Vielleicht, den die Geister des Bergs sind nicht mehr von dieser Welt.