… und ich bin da etwas befangen.
Eines der Probleme mit Perry Rhodan ist, dass man nur eine wirklich fundierte Aussage zu der Serie machen kann, wenn man sie denn auch gelesen hat. Und dafür muss man sie auch wirklich lieben, denn 3000 Hefte von etwas, was man nicht mag, so masochistisch kann keiner veranlagt sein (wenn doch, ich wills nicht wissen).
Zudem ergibt als Fan der Serie dann doch ab und zu ein persönlicher Kontakt. Da besteht dann schnell die Gefahr, dass man etwas von seiner Beißhemmung verliert. Ein gewisses Dilemma für einen Kritiker. Dann muss man sich auf der anderen Seite auch mal fragen, warum man sich eigentlich jedes Wochenende hinsetzt und eine Rezension oder einen ausführlichern Kommentar schreibt. Man könnte doch auch einfach still die Serie genießen, oder es auch bleiben lassen, wenn sie einem nicht gefällt. Eine meiner persönlichen Motivationen ist: Ich schreibe selbst und freue mich, wenn ich Feedback bekomme. Wichtig für den Autor ist, dass dieses Feedback ihm oder ihr dann hoffentlich auch etwas gibt. Dinge, die man vielleicht verbessern kann, aber auch Dinge, die gelungen sind.
Lange Rede, kurzer Sinn: Auch bei aktuellen Perry Rhodan „Willkommen auf Gongolis“ von Susan Schwartz gibt es viel Gutes, aber auch den einen oder anderen Klopfer, den man beim besten Willen nicht ignorieren kann.
Short: Perry Rhodan betritt die frei im Weltall schwebende Raumstation Gongolis, um den Kontakt zu seinem alten Freund Reginald Bull herzustellen. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, wenn man sich dabei bedeckt halten möchte.
Fangen wir mit einer Sache an, die mit ausgesprochen gut gefallen hat: Das Umfeld, die Raumstation Gongolis und der sich auf ihr befindenden Gesellschaft. Hier kommt eines zum Vorschein, das mir an der Serie immer sehr gut gefallen hat, wenn es denn auftrat: brodelndes Leben. Gut durchdachte technische Umgebungen, Lösungen etwas abseits der Massenware für gewaltige Raumschlachten. Gesellschaften, an denen man sich auch mal reiben und/oder erfreuen kann. Kein Vergleich zu den doch etwas mageren Kammerspielen, bei denen es dann doch etwas zu spartanisch zu geht. Hier ein großes Lob an die Macher: Gongolis gefällt mir, das ist gut durchdacht und passt hervorragend zu einer Post-Weltenbrand Era, in der eine technologische Gesellschaft dann auch mal mobil sein muss.
Ebenfalls hervorragend gelungen ist in nach hinein der komplexe Part um den Protagonisten Ragnu Sholter. Ich muss zugeben, mit einer derartigen Komplexität hatte ich nicht gerechnet. Vielleicht war die mir im ersten Moment auch etwas viel, da ich mich auf eine leichtere Geschichte eingestellt hatte. Rückblickend finde ich es hervorragend, wenn brodelndes Leben und fordernde Komplexität wieder Einzug in die Serie hält. So macht eine Serie wie Perry Rhodan richtig Spaß. An der Stelle kann man alle Beteiligten nur auffordern diese Richtung weiter zuhalten.
So ist nun in dem Roman alles eitel Sonnenschein? Leider nein.
Ein wirklich grober Schnitzer ist bei den erlaubten, bzw. verbotenen Hilfsmittel auf der Station geschehen. Natürlich ergibt es Sinn, auf einer solch dicht bevölkerten Raumstation Waffen und allerlei Geräte zu reglementieren. Folgerichtig wird dann natürlich auch die Hilfsmittel des singanesischen Maximaldestrukteurs Sholotow „Tenga“ Affatenga gleich am Eingang einkassiert und er muss auf der Schulter eines anderen Gruppenmitgliedes weiterreisen. So durchdacht, so schlüssig. Leider schwebt er dann munter auf Seite 40 mit seinem Flugapparat durch die Gegend oder überlebt Abstürze aus Höhen, die ein Vielfaches seiner eigenen Körpergröße getragen. An der Stelle gibt es somit einen schmerzhaften Bruch in der Konsistenz dieser Welt. Zu dem spazieren die anderen Mitglieder mit ihren auf Eleganz getrimmten SERUNs einfach weiter. Hätte man die am Eingang nicht auch einfach einkassieren sollen? Gibt es keine erlaubten Hilfsmittel für Galaktiker, die sonst schnell und einfach unter die Räder können würden? Da fehlt noch das letzte Prozent bis zur Vollständigkeit.
Genau das macht Science-Fiction so schwierig zu schreiben: Das Modell muss in sich stimmig sein und dann noch viel wichtiger: dann auch konsequent durchgehalten werden. Solche Brüche sollten beim mehrstufigen Qualitätssicherungsprozess nicht ungesehen durchschlüpfen können.
Wo wir schon beim Thema gut geölt sind: Besonders in Richtung Schluss fehlt es mir etwas an Reibung. Die Konfrontation der Sicherheitsbehörden geht etwas glatt über die Bühne und ein weiter Logikbruch in der Handlung passiert: Erst wird Rangu Sholter einkassiert und es werden die Hintergründe der Verschwörung aufgedeckt, während ein paar Seiten später eben selbiger Rangu Sholter in den Einsatz geht. An der Stelle war ich dann etwas verwirrt. Auch so etwas sollte nicht durchschlüpfen …
Wild war auch die „ohrenbetäubende Stille“ ganz an Anfang. Normalerweise würde so etwas wohl vom Lektor glatt gebügelt werden, aber der Kunstgriff die Figur sich diese Widersprüchlichkeit bewusst werden zu lassen, erlaubt dieses Oxymoron an der Stelle dann wieder. Gut wenn man diese Kante der Figur dann auch nutzt. So eine Stelle bleibt hängen und bindet Aufmerksamkeit.
In Summe würde ich sagen, stimmt die Richtung aber, auch wenn es noch die eine oder andere Stelle gab, an der ruhig noch etwas nachpoliert werden darf. Aber ehrlich gesagt sind mir ambitionierte Romane mit der einen oder anderen Schramme lieber als perfekt ungesetzte, dafür aber langweilende Simplizität.
Auf zum nächsten Perry!