Der letzte Beitrag zu dieser Rubrik liegt nun schon eine ganze Weile zurück und das wäre auch noch eine Weile so geblieben, wenn ich nicht Marcus Johanus Blogartikel zum Thema „Plotten für Autoren, die Plotten hassen: Die »›Ja, aber …‹ und ›Nein, und …‹«-Methode“ gelesen hätte. Man war ich geladen.
Eine ganze Weile habe ich Die Schreibdilettanten gerne während längerer Autofahrten gehört und da waren viele wirklich interessante und spannende Folgen mit dabei. Deswegen schaue ich auch öfter gerne mal auf Marcus Johanus Blog vorbei. Dieses Mal allerdings regt sich in mir das Bedürfnis vehement dem dort Geschriebenen zu widersprechen.
Der Ansatz für diesen Beitrag ist lobenswert und mag auch vielleicht dem einen oder anderen wirklich helfen, denn wie Marcus richtig George R.R. Martin sinngemäß zitiert, es gibt die Entdecker (Gärtner) und die Architekten (Plotter). Allerdings hat Marcus hier den Teil mit den Abstufungen dazwischen ausgelassen. Die Reinform des einen oder anderen gibt es, aber es gibt eine ganze Menge mehr zwischen den beiden Extremen. So wie auch George R.R. Martins Erklärung auch nur eine Erklärung ist: seine Persönliche.
Es gibt nicht DEN WEG, sondern es gibt den Weg, der für einen persönlich funktioniert. Dieser Weg kann für den nächsten schon wieder vollkommen unbrauchbar sein. Das macht die Sache so schwierig und spannend. Wäre das nicht so, würde jeder ein Stephen King oder ein George R. R. Martin sein.
Also halte ich jetzt mal den Ball etwas flach und beziehe es auf erstmal nur auf mich. Ich kenne einige Autoren, die deutlich mehr in Richtung des Extrems des reinen Entdeckers gehen und dennoch gute und spannende Romane schreiben. Mich selbst würde ich als entwickelnden Autor bezeichnen. Um das weiter zu erläutern, komme ich gleich zum ersten Aufreger:
„Gärtner […] hassen es meisten, zu wissen, wie ihre Geschichten ausgehen, bevor sie mit dem Schreiben des Manuskripts beginnen, weil sie dann ihr Interesse an dem Projekt verlieren.“
Nicht nur meistens, die Geschichte ist mit dem Ende zu Ende. Wenn man das Ende genau kennt, dann ist es keine Entdeckungsreise mehr. Genau um diese beiden Punkte geht es ja beim entdeckenden Schreiben: die Reise und das Entdecken. Das ist eine vollkommen andere Sicht auf die Welt, als die der Plotter. Die einen schlagen sich mit oder ohne Machete durch den Dschungel, die anderen bauen eine Straße anhand abgesteckter Pflöcke durch den Dschungel. Um bei diesem Bild zu bleiben, ob der versteckte Tempel im Dschungel gefunden wird, liegt hier nicht an der Methode, sondern an dem dafür nötigen Fingerspitzengefühl und Aufmerksamkeit.
Ja, der Entdecker kann am Tempel vorbei irren, aber auch der Wegebauer kann mit seinem Bulldozer über den Tempel planieren, ohne ihn zu bemerken.
Die beiden Schwachpunkte, die im Artikel aufgeführt sind, die ich hier mal mit
a) kein roter Faden
b) keine Wendungen und mangelnder Konflikt
zusammenfasse, sind allgemeine Fehler und ebenfalls nicht in der Methode begründet.
Mir persönlich passiert es sehr selten, das ich wirklich mal nicht weiter weis. Das größte Problem eines kreativen Schriftstellers sind nicht zu wenig Ideen, sondern zu viele. Meiner Meinung nach ist das größte Vorurteil der Plotter über die Entdecker, das sie unvorbereitet auf ihre Reise gehen würden. Niemand mit etwas klarem Verstand geht ohne die richtige Ausrüstung, Kenntnisse über die erwartete Umgebung und die passenden Gefährten auf eine Expedition. Dafür muss man weder das genaue Ziel noch jeden Grashalm auf dem Weg kennen. Die Richtung reicht dann vollkommen. Alles andere entscheidet man nach Lage vor Ort.
In einer guten Geschichte gibt es drei Dinge, die sich gegenseitig beeinflussen: Die Umgebung, die Charaktere und der richtungweisende Konflikt. Jeder Autor hat hier seinen persönlichen Schwerpunkt, bei dem er ansetzt. Hier hat dann natürlich auch das Genre einen gewissen Einfluss, aber jeder Roman ist eine fiktive Geschichte, selbst wenn sie vorgibt, aus dem realen Hier und jetzt zu stammen. Auch eine vermeintlich bekannte Umgebung ist ein Weltenbau, auch wenn man das nicht immer so wahrnimmt.
Also zu Punkt 1: Hat man eine Welt mit genügend Details und lebendige Charaktere ergibt sich aus dem angesetzten Konflikt der Weg ganz von selbst. Und glauben Sie mir, Charaktere können eigenwillig sein, der eine will links, der andere will rechts. Die Brücke über den Fluss hat auch keiner in Stand gehalten und was dieser komische Knilch mit dem Blassrohr vorhat, hängt auch davon ab, ob seine Frau letzte Nacht nett zu ihm war oder nicht. Möglichkeiten über Möglichkeiten, man muss sich nur entscheiden und weitergehen.
An dieser Stelle: Stephen Kings Aussage das man zwei oder drei Stunden am Tag, und das jeden Tag, schreiben soll, war meiner Meinung nach sehr ernst gemeint. So bleibt man im Flow und eins kommt zum anderen. Die Salamitaktik funktioniert hier nicht, da man dabei nicht warm wird und in den Schreibfluss kommt.
Damit wäre für die Entdecker unter uns auch Punkt 2 abgehandelt. Wir bauen keinen Weg, wir nutzen das Terrain, in dem wir uns bewegen. Wenn man die drei goldenen Regeln von Frey für einen spannenden Roman (Konflikt, Konflikt und noch mal Konflikt) beachtet, dann wird es auch ein spannender Roman mit überraschenden Wendungen. Hinter dem nächsten Busch kann wer weis was lauern. Eine giftige Spinne oder Schlange, ein verwunschener Tempel voller Schätze, eine willige Jungfrau in Nöten oder ein hungriger Kannibale, den seine Frau ganz gewaltig genervt hat. Oder die junge Dame ist seine Frau. Möglichkeiten über Möglichkeiten.
Womit man als Entdecker wirklich ein Problem hat, ist meistens das Ziel. Das aber nur so lange, bis man sich klar wird, die Reise an sich ist das Ziel. Da hilft einem die beste Karte, d.h. Plot nichts. Für den wilden unentdeckten Dschungel gibt es keine Karten. Da helfen nur die richtige Ausrüstung und die nötige Flexibilität, sich auf die Gegebenheiten einzustellen. Und ein Kompass. Aber meistens reicht ein gutes Bauchgefühl und Erfahrung.
Schreiben ist wie Sprechen und Denken, man lernt es nur, wenn man es selbst tut. Die fundamentale Aussage von Stephen Kings „On Writing“ ist: schreiben, schreiben und nochmals schreiben. Fehler gehören dabei zum Lernprozess, es gibt keine Abkürzungen ohne Blut, Schweiß und Tränen.
In dem Sinne möchte ich Marcus zitieren „Schreibt […] !“
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Hallo Johne,
you’re welcome. How is your German? It might be hard to get the details, if your not a native speaker.
Greetings Markus