Heute an Tag 10 – nach neuer Zeitrechnung – habe ich die Ehre das Interview mit der Gründerin der Brennenden Buchstaben und Mit-Organisatorin des FdLs online stellen zu können: Kirsten Riehl, in Second Life als Zauselina Rieko bekannt. Das Interview fand im Kafé Krümelkram statt und ist, so unter Schriftstellern, etwas länger geworden.
Kirsten Riehl: Hallo Markus.
Hydors Golem: Hallo Kirsten. Vielen Dank das du für ein Interview zur Verfügung stehst, es ist bestimmt im Moment viel mit den Vorbereitungen für das FDL zu tun, oder?
Kirsten Riehl: Es ist viel Arbeit, aber ich stemme das nicht alleine. Das würde gar nicht funktionieren. Ich bin froh, dass sich noch mehr Leute dafür begeistern können und beitragen, was sie beitragen könne.
Hydors Golem: ja ich habe bei meinen Interviews viel Begeisterung spüren können.
Kirsten Riehl: das ist das Tolle: dass sich so viele damit identifizieren und es zu „ihrem“ Projekt erklärt haben. Es ist schon längst nicht mehr „mein“ Projekt sondern „unser“ Projekt.
Hydors Golem: ja das hat man definitiv bemerkt! Ich habe da ein Standard-Set an Fragen, und ich würde dann mal mit der ersten anfangen. Was ist Dir besonders wichtig am/beim FDL einerseits als Veranstalterin aber auch als Teilnehmerin?
Kirsten Riehl: wichtig sind mir:
- Zusammenarbeit
- Vernetzung
- Austausch
- Förderung der Künste, der Kultur und ….. natürlich…. der Literatur.
Hydors Golem: Ich habe mal kurz auf den Programmplan geschaut und du liest auch selber. Was zeigst du uns als Teilnehmerin?
Kirsten Riehl: ich schreibe Lyrik und daneben gehört mein Herz dem Thriller / Krimi. Also werde ich wahrscheinlich aus diesen Genres lesen. Ich habe einige Texte „in der Schublade“. Ich denke ich werde aus diesem Fundus schöpfen, da ich es nicht schaffe, nebenher noch was neues extra fürs FdL zu schreiben.
Hydors Golem: ja so auf Kommando was schreiben ist nicht ganz einfach, da braucht man schon die richtige Idee zu genau dem Zeitpunkt.
Kirsten Riehl: und auch Zeit, die fehlt leider im Moment dafür. Es geht viel Zeit in die Organisation.
Hydors Golem: Ja, das denke ich mir. Es ist bestimmt nicht immer ganz einfach alle unter einen Hut zu bekommen.
Kirsten Riehl: aber ich denke, wir können das Publikum immer noch überraschen mit einem der beliebten Sketche Kueperpunk-Zauselina. Wenn die beiden sich streiten – also nur virtuell :-9 und sich vermöbeln.
Hydors Golem: Ah so was macht ihr? Das geht dann in Richtung Action-Performance?
Kirsten Riehl: ja diese Sketche sind entstanden – mehr zufällig, als wir im Spaß gestritten haben. Über irgend einen Unsinn. Da haben wir dann etwas später Sketche da zu gemacht. Mal Thorsten, mal ich und dann haben wir sie aufgeführt.
Mit Geräuschkulisse.
Wir haben mit Töpfen geklappert, mit Tassen und einen Mixer dazu genommen.
Hydors Golem: bestimmt beeindruckend, da bin ich mal gespannt
Kirsten Riehl: und ich bin dann immer die Böse, die ihn vermöbelt. Autsch.
Hydors Golem: Na die Bösewichte sind aber meistens die interessanteren Charaktere oder?
Kirsten Riehl: ja, irgendwie schon. Uns macht es ja auch riesig Spaß. Wir beide sind ziemliche Kindsköpfe. Es ist halt eine Überraschung, wenn eine Lesung damit beginnt.
Hydors Golem: ja doch, auf jeden Fall.
Kirsten Riehl: dass die angekündigten seriösen Herrschaften sich vor laufendem Mikrofon anfangen zu streiten und erst mal ist gar nicht klar, dass es sich um einen Sketch handelt.
Hydors Golem: Und hat es schon dabei Hilfe-/Schlichtungsangebote aus dem Publikum dabei gegeben?
Kirsten Riehl: haha, nein. Leider kann man ja in einem Chat (SL ist ja ein solcher) nicht sehen, wie das Publikum reagiert. Das geschieht ja immer mit Zeitverzögerung. Und dann muss man die abgeschickten Gesten interpretieren.
Hydors Golem: ja das Non-Verbale fehlt ab und zu, dass geschieht ja eher unbewusst.
Kirsten Riehl: aber ich denke: wenn es absolut nicht gefallen würde, kämen die Leute kein 2. oder 3. mal zu den Veranstaltungen.
Ja, das Nonverbale fehlt, das ist mitunter irritierend. Der Mensch wurde ursprünglich nicht für den virtuellen Chat konzipiert.
Hydors Golem: Das ist war. Wie bist eigentlich du zu den virtuellen Welten gekommen und was reizt dich persönlich besonders daran?
Kirsten Riehl: Oh, zur virtuellen Welt bin ich gekommen, weil ich im TV von SL gehört hatte. Und zwar:
Es gibt den 3D Chat Second Life und da kann man FLIEGEN.
So profan war das. Ich habe nämlich furchtbare Höhenangst und dachte: das ist eine Möglichkeit die Höhenangst zu überwinden. Ich kann fliegen ohne reale Absturzgefahr. Dann habe ich mich da angemeldet und war sofort angefixt.
Hydors Golem: Wow und hat es funktioniert?
Kirsten Riehl: ja, ich bin die ganze Zeit herum geflogen. Lacht.
Aber es hat mich auch mit anderen Ängsten konfrontiert. Meine Angst vor Dunkelheit zum Beispiel. Ich konnte lange keine Dunkelheit ertragen in SL, obwohl es ja bloß virtuelle ist. Nur Pixel auf dem Bildschirm.
Aber auch das hat nachgelassen, wenn gleich es gedauert hat. Erst viel später habe ich die Idee gehabt, dass virtuelle Lesungen möglich sind. Am Anfang standen meine Ängste. Verrückt, oder?
Hydors Golem: Ja auch die virtuelle Welt kann beängstigend sein, ich habe mal einen Game gehabt, das musste ich sofort wieder aus machen. Ich glaube es war Doom3, hartes Taschenlampenlicht im Dunkeln. Das war dann auch nicht meins.
Kirsten Riehl: Ja, es berührt sehr real, das kann man manchmal kaum erklären.
Hydors Golem: Nun ich bin schnell in einer Welt gefangen, das wird dann real.
Kirsten Riehl: ja geht mir genauso. Real und virtuelle sind schnell dasselbe für mic.
Hydors Golem: aber kommen wir vielleicht zu einem anderen Thema. Das FdL findet ja nicht nur in SL sondern auch im Hypergrid statt, wie siehst du das Verhältnis von SL und OpenSims zu einander?
Kirsten Riehl: weiß nicht, inwiefern an da von einem „Verhältnis“ sprechen kann. ich verstehe, dass man SL den Rücken kehrt, weil man von verschiedenen Sachen die Nase voll hat. Weil man Projekte durchziehen möchte und weil man das in OpenSim besser realisieren kann.
Ich bemühe mich, die OpenSimler mit ins Boot zu nehmen, weil ich den Enthusiasmus schätze, den sie dort an den Tag legen.
Dem selben Enthusiasmus dem auch ich verfallen bin mit meinem SL Projekt.
Hydors Golem: es scheint ein Thema zu sein das kontrovers werden kann, wobei einige in beiden Welten präsent sind.
Kirsten Riehl: ja in beiden Welten bin ich ja auch online. Ich mag und kann SL nicht aufgeben, aber OpenSim ist eben auch interessant.
Hydors Golem: ja das kann ich bestätigen, es ist eine gute Möglichkeiten das Potenzial der virtuellen Welten mal eben auf dem Rechner zu Hause auszuprobieren und dann erst den Sprung in die Öffentlichkeit zu wagen.
Kirsten Riehl: Genau! In OS faszinieren mich zudem die nette Gemeinschaft und die Freundlichkeit der Bewohner/innen, und die Intensität, mit der Projekte realisiert werden.
Hydors Golem: nun einen Nachbrenner zu den Ängsten hätte ich noch: In wie weit beeinflusst die Beschäftigung / der Kampf gegen Ängste dein literarisches Werk? Vielleicht deswegen die Beschäftigung mit Krimis/Trillern oder Horror?
Kirsten Riehl: Ja zu 100 Prozent. Meine Ängste schlagen sich in meinen Texten nieder. Das ist Verarbeitung, aber auch Übertreibung und literarische Auseinandersetzung. Jede(r) Autor(in) verarbeitet immer auch reale Erfahrungen in den Texten. Was aber nicht heißt, dass die Texte 100 Prozent autobiografisch wären.
Hydors Golem: doch das kann ich bestätigen, das war bei mir auch nicht anders. Etwas Abstand tut doch gut dabei.
Kirsten Riehl: Stimmt. Man muss beim Schreiben aber immer auf eigenen Erfahrungen zurückgreifen.
Hydors Golem: nun einen wahren Kern haben die meisten Geschichten. Ich bin dann mal auf deine Lesung auf dem FDL gespannt.
Kirsten Riehl: … und ich freue mich aufs FdL und den Kontakt zum Publikum
Hydors Golem: Ich glaube das ist ein gutes Schlusswort für das Interview und ich möchte mich für das tolle und inspirierende Interview bedanken!
Kirsten Riehl: war mir ein Vergnügen !!!!